Es kann nur eine geben Hörbuch von Carolin Kebekus

Es kann nur eine geben Carolin Kebekus (Autor, Erzähler), Argon Verlag (Verlag)

 
Es kann nur eine geben Carolin Kebekus (Autor, Erzähler), Argon Verlag (Verlag)

 

Eigentlich klingt es ganz leicht: Frau ist begabt und klug, also kann sie es schaffen, ganz nach oben zu kommen. Aber oft genug ist der eine Platz schon besetzt, es scheint nämlich ein höchst dämliches Gesetz zu geben, das lautet: Eine Frau reicht, mehr brauchen wir nicht. Carolin Kebekus - Komikerin, Sängerin, Schauspielerin und Feministin - legt pointiert, unmissverständlich und komisch dar, dass die Zeit überreif ist, alte (Männer-)Gesetze auf den Müll zu werfen.

Ein Hörbuch von höchster Wichtigkeit, das aufklärt und gleichzeitig unterhält.

Produktinformation
Spieldauer     8 Stunden und 32 Minuten
Geschrieben von     Carolin Kebekus, Mariella Tripke
Gesprochen von     Carolin Kebekus
Audible.de Erscheinungsdatum     07 Oktober 2021
Verlag     Argon Verlag
Format     Hörbuch
Version     Ungekürzte Ausgabe
Sprache     Deutsch
ASIN     B09FLYCMXK
Amazon Bestseller-Rang     Nr. 234 in Audible Hörbücher & Originals (Siehe Top 100 in Audible Hörbücher & Originals)
Nr. 2 in Unterhaltung & Darstellende Künste
Nr. 4 in Biografien von Stars & Persönlichkeiten der Unterhaltungsbranche
Nr. 5 in Bühnen (Bücher)

 

 

 

Carolin Kebekus ist seit Jahren eine feste Größe in der deutschen Comedyszene. Ihre Entwicklung hat mir grade in letzter Zeit ziemlich gefallen und da sie mit diesem Buch (laut Klappentext) einen Nerv bei mir trifft, musste ich es natürlich unbedingt lesen.

Mit gewohntem Witz und Scharfsinn beackert sie hier die unangenehmen Themen, die ich, wenn ich ehrlich bin, oft auch nur durch die humoristische Linse ertrage.
Dabei konzentriert sie sich in der ersten Hälfte stark auf Medien, was total in Ordnung ist, denn das ist halt ihr Ding, ihr Beruf, ihr Leben.

So gibt es gleich zu Anfang einen kleinen Exkurs in die Märchenwelt und die langweiligen Rollen, die weibliche Charaktere dort einnehmen.
Außerdem geht es um ein Thema, bei dem ich richtig wütend werden und das ich leidenschaftlich hassen kann: Männergruppen in denen es die eine Frau gibt, wie in Schlumpfhausen halt. Frauen sind in den Medien sowieso in der Unterzahl, dazu bringt Carolin konkrete Zahlen und macht deutlich, dass sie auch weniger Redezeit haben, wenn sie dann schon zu sehen sind. Im Kinderprogramm ist das übrigens besonders schlimm, denn der Großteil aller Figuren dort ist männlich.
Dadurch können sich Jungs aussuchen, ob sie sich mit dem Kreativen, dem Schusseligen, dem Lustigen, dem Anführer etc. identifizieren. Für Mädchen bleibt nur die eine Frau übrig, ob man die nun gut findet oder nicht.
Und ja, mir ist beim Lesen klar geworden, dass Carolin ein bisschen zu alt ist, um den Anime-Hype mitgenommen zu haben. Ich bin mit Sailor Moon, Wedding Peach, Kamikaze Kaito Jeanne, Lady Oscar, DoReMi, Ein super Trio, Mila Superstar etc. aufgewachsen. Da konnte man unter vielen charakterlich unterschiedlichen Frauen wählen, die am Ende aber alle den gleichen, etwas unrealistischen Körpertyp hatten, zu niedlich und zu leicht bekleidet waren, das sehe ich ein - während es da bei männlichen Figuren nachgewiesen auch mehr Diversität gibt.
Was ich trotzdem so richtig hasse, sind Detektiv-, Comedy- oder Superheldengruppen, bei denen es immer nur eine Frau gibt. Oder heutzutage zwei und dann kommt man sich so richtig fortschrittlich und feministisch vor, während die Männer weiter in der Überzahl bleiben. In gemischtgeschlechtlichen Gruppen ist das einfach immer so. Übrigens sind Männer auch häufiger Kandidaten in Quiz- und Gameshows, haben also öfter die Chance, was zu gewinnen. Steht nicht im Buch, zähle ich seit Jahren als Fan dieser Shows aber regelmäßig.

Natürlich geht es auch um Themen wie die schlechte Bezahlung bei typisch weiblichen Berufen, unbezahlte Carearbeit und Mental Load, schlechte Renten usw.
Aber der Hauptfokus liegt auf dem Konkurrenzkampf unter Frauen und ich liebe es, dass Carolin die Gründe dafür nicht als naturgegeben sieht, sondern mit unserer Gesellschaft und der anerzogenen Haltung zu bzw. der Sichtbarkeit von Frauen argumentiert.
Wenn sie schreibt, dass sie früher den Satz "Ich bin nicht wie die anderen Frauen" locker als Wandtattoo hätte haben können, dann fühle ich das total, weil ich ganz genauso war. Ich habe Frauen damals abgewertet, geslutshamed, war eifersüchtig, habe behauptet, ich könne besser mit Männern (und das stimmte nicht mal!! Ich konnte immer gut mit Frauen und als queere Person verliebe ich mich ja sogar in sie!).
Meine internalisierte Misogynie saß einfach so tief.
Ich habe mal gehört, das alles sei Resultat der ständigen Abwertung von allem, was weiblich ist. Soll heißen, wir beobachten von klein an, wie Frauen abgewertet werden und wie sich über sie lustig gemacht wird. Damit uns das nicht auch passiert (wir möchten ja als Subjekt wahr- und ernst genommen werden), distanzieren wir uns lieber schnell von unserem Geschlecht und verkünden laut, wir wären nicht so. Da ich als Kind (und zum Glück heute auch wieder) ein ziemliches girly girl war, kenne ich natürlich den ganzen Mist, den man sich dafür anhören musste.

Carolin schenkt sich im Buch jedenfalls nichts, geht offen mit ihren Fehlern und früheren Ansichten über Frauen um, gesteht, dass sie es damals genossen hat, die einzige "coole" Frau in einer Männertruppe zu sein, berichtet über ihre Eifersucht anderen gegenüber, sagt ehrlich, dass sie Probleme mit ihrem Körper und Schönheitsidealen hat(te)... außerdem erkennt sie ihre Privilegien an, weiß, dass sie von einem unfairen System profitiert hat und das Frauen, die z.B. von Rassismus oder Queerfeindlichkeit betroffen sind, noch ganz andere Kämpfe ausfechten müssen.
(Trotzdem übersieht sie, wie die meisten sich öffentlichen äußernden Feministinnen, Klassismus komplett.)

Wenn sie vom Scheitern schreibt, macht sie auch das vollkommen offen und ehrlich. Leider übernimmt sie aber selbst manchmal den männlichen Blick, den sie in vergangenen Kapiteln noch anspricht und kritisiert. Ob Männer nämlich wirklich besser mit Konflikten und Niederlagen umgehen, wage ich angesichts der nachfolgenden Kapitel zu Gewalt (und meiner persönlichen Erfahrung) doch zu bezweifeln.
Und dass immer betont werden muss, dass Frauen doch "stark" sind:

"Ich hatte nur wahnsinnig starke Frauen um mich herum. Die sind nie heulend weggerannt und mussten auch nie nach Hause, wenn es gefährlich wurde."

Warum eigentlich nicht? Was ist schlimm daran? Klar ist eine einseitige Darstellung in Medien blöd, aber warum zur Hölle darf ich jetzt auch nicht mehr weinen oder meine Angst zeigen? Das funktioniert für Männer doch schon nicht! Empathie und Gefühle zeigen, Hilfe suchen, wenn es alleine nicht weitergeht... davon brauchen wir mehr und nicht weniger. Ich möchte mich da keinem männlichen Ideal anpassen, um bloß kein Klischee von zu klein, zu schwach, zu lieb, zu ängstlich zu erfüllen. Das ist so ziemlich meine größte Kritik am Buch, weil ich da immer mal über Passagen gestolpert bin. Also, ich habe jedenfalls sehr oft Angst und bin trotzdem nicht schwach, vielen Dank!

Die Teile zu Business und Kirche habe ich natürlich interessiert gelesen, auch wenn ich zu beiden Themen keinen großen Bezug habe. (Zumal halt einfach auch nicht jede Frau beim Fernsehen oder im Büro arbeitet, Projekte leitet, in Meetings hockt und große Aufstiegschancen hat. Und girl boss feminism braucht niemand, am Ende ist es nämlich wurscht, ob man von einem Mann oder einer Frau ausgebeutet wird.)

Der zweite Part des Buches ist so eine Art feministischer Rundumschlag (ich liebe gute Rundumschläge) verschiedenster Themen, alle gut erklärt, alle mit der gewissen Prise Humor um sie besser ertragen zu können.

Besonders gefreut hatte ich mich auch auf den Teil zu Gaming. Als Rollenspielerin (egal ob Videospiel oder Pen and Paper), die im Laufe der Jahre schon einiges an Sexismus und Übergriffigkeit ertragen musste, war ich richtig gespannt auf Carolins Meinung. Und ja, sie erklärt alles einfach und auch für Außenstehende verständlich, obwohl sie ziemlich an der Oberfläche bleibt. Ist aber total okay, alles andere würde, wie bei so vielen Themen, komplett den Rahmen sprengen.
Trotzdem schön zu lesen, dass diese tolle Frau auch so gerne zockt.
(Und ja, ich habe nen kleinen Crush...)
Früher habe ich mich für meinen Hang zum Eskapismus geschämt, heute bin ich froh über diese Leidenschaft, weil mir regelmäßiges Abtauchen hilft, mit meiner Depression und der realen Welt wieder besser klarzukommen.

Alles in allem ein sehr unterhaltsames Buch. Obwohl ich jedes Thema schon kannte, habe ich es super gern gelesen.